Lost in Paradise

Im Pauschalurlaubsparadies Hurghada vermutet man nicht unbedingt das große Abenteuer. Die Tage in der ägyptischen Küstenstadt am Roten Meer gehen fast das ganze Jahr über gleichförmig dahin. Touristen aus Deutschland und Russland, Schweden, den Niederlanden, Belgien und anderen mitteleuropäischen Ländern werden mit Kleinbussen in die Hotelanlagen verteilt, erhalten ihr buntes Bändchen je nach Status des gebuchten Urlaubspaktes, stellen die Koffer in den Zimmern ab und machen sich direkt auf zu einem ersten Ausflug an den Strand.

Entlang der Küste sind seit den Achtzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts über rund 30 Kilometer unzählige Hotels entstanden. Viele davon gleichen autarken Städten mit einer Rundumversorgung vom eigenen, abgegrenzten Strandabschnitt, Supermarkt und Souvenirshop über Wellness- und Sportangeboten wie Massagen, Maniküre, Volleyball, Wasseraerobic, Schnorcheln, Tauchen oder Kitesurfen bis zu organisierten Ausflügen und Safaris in die Arabische Wüste und den historischen Kulturstätten des Landes nach Luxor oder Kairo.

Nicht nur während der Hauptsaison ist die Anzahl der Touristen deutlich größer als die Einwohnerzahl Hurghadas von zirka 160 000 Menschen. Den Urlaubern wird in den Anlagen eine Idylle geboten, die die meisten nicht verlassen. Was in der Stadt jenseits der Hotelmauern und der unzähligen Shops und Restaurants der kilometerlangen Hauptstraße existiert, ist nicht von Interesse. Dort bietet sich das eigentliche Abenteuer: Eine abenteuerliche Entdeckungsreise zwischen Baustellen, an denen oft weiter gebaut wird und oft auch nicht mehr, Wüstenabschnitten, leerstehenden Läden, Müllabladeplätzen, die oft abseits der Hotelmeilen sind und oft direkt neben den Anlagen.

Meine Arbeit „Lost in Paradise“ ist eine fotografische Spurensuche abseits der typischen Urlaubsromantik nach dem Charakter der Tourismusmetropole. Der Fokus liegt auf der unbeachteten Seite dieses vermeintlich ultimativen Paradieses: die Brüche, Widersprüche und Ungereimtheiten in diesem Szenario. Die das Stadtbild auf den anderen Seiten der Hotelmauern prägenden Baustellen bilden einen markanten Teil der Serie, genauso die Skurrilitäten, die sich durch das Aufeinandertreffen der erschaffenen Urlaubswelt mit der Realität immer wieder ergeben, sowie Ausschnitte aus der scheinbar perfekten Urlaubsidylle - eben nach der abenteuerlichen Seite der scheinbar glatten Erholungswelt. „Lost in Paradise“ ist meine subjektive Wahrnehmung vom Geist des Urlaubsparadieses Hurghada.